AK wirft Lieferando Ausbeutung vor
- Astrid Holzmann-Koppeter
- 6. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Kündigung für alle! Lieferando war bis dato einer der wenigen Zustelldienste mit abgesicherten Arbeitsverhältnissen, rudert nun aber zurück.

Alle Lieferando-Mitarbeiter sollen demnach gekündigt werden. In Zukunft sollen sowohl die Lieferanten als auch Mitarbeiter in der Verwaltung und im Management freie Dienstnehmer sein. Mehrere hundert Beschäftigte in ganz Österreich wären von dieser Verschlechterung betroffen.
Lieferando argumentiert, dass es bei den Konkurrenten immer nur freie Dienstverträge gegeben habe und versucht, die Fahrradboten mit zusätzlichen Einstiegsboni zu ködern. Auf Social Media finden sich bereits erste Stellenanzeigen, aus denen jedoch nicht hervor geht, wie hoch die zukünftige Bezahlung sein wird.
Absicherung durch Kollektivvertrag
Der Vorstand der Bundesarbeitskammer (BAK) hat im Zuge seiner Tagung in Villach die medial kolportierten Pläne von Lieferando scharf verurteilt und verlangt deren Rücknahme. „Wir haben mit dem Kollektivvertragssystem und der großen Abdeckung durch Kollektivverträge ein sehr taugliches Instrument, sowohl für die Beschäftigten als auch für die Betriebe“, so Anderl.
„Die Kolleginnen und Kollegen haben sozialrechtliche Absicherung bei Krankheit oder Unfall, Urlaubsanspruch, Mindestlöhne und -gehälter, um nur einige Vorteile zu nennen; für die Betriebe schaffen gleiche Bedingungen für alle einen fairen Wettbewerb und verhindern Lohn- und Preisdumping. Freie Dienstverträge bieten derlei Sicherheiten nicht.“
Aus arbeitsrechtlicher Sicht sei außerdem fragwürdig, ob die Kriterien eines freien Dienstvertrages bei Lieferando überhaupt erfüllt seien, wie etwa u.a. keine Bindung an feste Arbeitszeiten oder an Weisungen.
EU-Richtlinie als Auslöser?
„Die Entscheidung von Lieferando kommt wohl nicht zufällig gerade dann, wenn die EU-Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit in österreichisches Recht umgesetzt werden soll“, kritisiert BAK-Präsidentin Anderl. Mit großer Mehrheit hat der Rat der Europäischen Union im Herbst 2024 die Richtlinie angenommen, erstmals wird darin das Phänomen der Scheinselbständigkeit thematisiert – ausgerechnet dieser Teil wurde allerdings auf Druck der Wirtschaft stark verwässert.
Der BAK-Vorstand appelliert sowohl an Lieferando als auch an die Bundesregierung, der Ausbeutung von Plattformbeschäftigten wie Fahrradbotinnen und -boten endlich ein Ende zu setzen. Anderl: „Gewinnmaximierung durch Ausbeutung von Arbeitnehmern gehört nicht ins Österreich des 21. Jahrhunderts. Lieferando muss von diesen Plänen Abstand nehmen, und die Bundesregierung muss rasch die EU-Richtlinie so umsetzen, dass die Beschäftigten tatsächlich vor Ausbeutung geschützt sind und bessere Arbeitsbedingungen haben.“
Das gilt für Freie Dienstverträge
Keine oder nur eine sehr geringe „persönliche Abhängigkeit“ (keine Bindung an Arbeitszeit, an Weisungen etc.).
Das Arbeitsrecht und seine Schutzbestimmungen (5 Wochen bezahlter Mindesturlaub, Entgeltfortzahlung bei Krankheit usw.) gilt nicht.
Es gibt keinen Mindestlohntarif, Kollektivvertrag etc
Freie Dienstnehmer müssen ihr Einkommen selbst versteuern.